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Freak Valley Festival 2015 - Donnerstag - AWO-Gelände Netphen-Deuz - 04.06.2015

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„Liebe Freunde, und nun live für Euch auf unserem Freak Valley Festival...“ Bereits zum vierten Mal versammelt sich im grünen Siegerland ein mehrere Generationen umfassendes Publikum: Vom Krautrock hörenden Kartoffelkäfer bis zum psychedelischen Wunderpilz trifft der Musikliebhaber auf ein buntes Völkchen, das es sich nach alter Mütter Sitte nicht nehmen lässt, der Rock Musik der Gründerväter zu huldigen und die Trommelfelle massieren zu lassen. So auch dieses Jahr, in welchem die Sonne sich gleich zu Beginn der Feierlichkeiten an die vertraglichen Vereinbarungen erinnert und das lauschige Tal am Rande von Netphen angenehm wärmt. Fern von Vollständigkeit kann das Kurzzeitgedächtnis vier Darbietungen am ersten Tag erinnern:

MOUNTAIN WITCH sind vor allem eins: sehr, sehr freundlich. Mit Hexenwerk hat ihr geradliniger Doom Rock dem äußeren Eindruck kaum etwas zu tun, scheinbar gebannt ist jedoch René Sitte an der Gitarre vom bereits großen Publikum und rührt sich kaum von der Stelle. Bassist Tobert Knopp fällt ebenfalls nicht durch übermäßigen Bewegungsdrang auf und lutscht dafür einen Lolli – Stoner Rock auf die sanfte Art halt, gleichwohl herzlich: ein aus Amerika angereister Fan wird persönlich gegrüßt. Wenn die Musik etwas Bergiges an sich hat, dann wohl von einem Hügel mit gut ausgebautem Wanderwegenetz im Sonnenschein: hier gibt es keine Abgründe, keine Gefahren, dafür schöne Landschaften und leichte Anstiege – Zeit für ein Frischgezapftes! Hut ab übrigens vor Schlagzeuger René Roggmann, der größtenteils den Gesang übernimmt und hinterm Drumkit ein eigene Munterkeit versprüht. Im vorderen Programmteil des Festivals ist das Trio somit gut aufgehoben und braucht sich musikalisch nicht zu verstecken, sondern darf ruhig mal an der Bühnenpräsenz schrauben.

Solche Tipps hat das ihnen folgende Trio nicht nötig: Aus ihrer Vorliebe für Black Sabbath und Muddy Waters machen THE MUGGS ebenso wenig einen Hehl wie an der Idee, dass sich die weite Anreise aus Detroit lohnen muss. Ihr Auftritt gerät deutlich lebendiger und wer Danny Methric beim Gitarrenspiel zuschaut, der ahnt, dass an dem Gerücht, dass Rock Musik jung hält, vielleicht doch etwas dran sein könnte – auch wenn das Bass sitzenderweise am Keyboard gespielt wird?! Das sympathische Trio fackelt nicht lange und legt einen blitzsauberen Gig auf die Bühne.

Der Bass muss bratzen – unter diesem Motto findet sich das dänische Quartett GAS GIANT zum Reunion Konzert ein und bereits nach zwei, drei Songs wird sich wohl mancher die Frage stellen, warum und wie lange die Band auf Eis gelegen hat. Zwar deutet der Gitarrist dem Schlagzeuger seine Einsätze sicherheitshalber per Kopfnicken an, und es sitzt auch nicht jeder Tempowechsel ganz sauber, dafür rollt die Rhythmusfraktion einen dicken, hypnotischen Doom Teppich aus, auf dem es sich Fuzz Rock, allerhand Geklapper bis hin zu Tribal Percussions und sogar in einem Song beschwörender Mantra Gesang gemütlich machen. Stellenweise fühle ich mich ein wenig an eine dunklere Version von Lonely Kamel erinnert, denn die Dänen überzeugen gleichfalls mit stattlichem Groove und handfester Heaviness. Das kann sich hören und auch sehen lassen, ein leichter Wikinger-Charme ist vor allem dem Sänger nicht abzusprechen. Vielleicht lässt sich das alles noch mal genauer nachhören, wenn die Dänen sich entschließen, ebenfalls ein „Live At Freak Valley“ Album zu veröffentlichen.

Time for „Black Age Blues“: Dass das kleine, ich schätze mal rund fünfjährige Mädchen, das vor mir von Papas Schultern in den Photograben hin- und zurückwechselt, seine gute Laune beim Auftritt von GOATSNAKE bewahrt, ist eine der bemerkenswerten Geschichten, die das Freak Valley Festival schreibt. Die amerikanische Band zelebriert ihren Auftritt beinahe wie einen Gottesdienst der spirituell eindringlichen Art: Sänger Pete Stahl ist nicht zu halten, sondern wälzt sich auf dem Boden, sucht ein ums andere Mal den direkten Kontakt zum Publikum, windet sich, schreit und singt als wäre der (heilige?) Geist in ihn gefahren. In seiner extrovertierten wie herzlichen Darbietung erinnert er mich an Sir Hannes (Idiots, Phantoms of Future, Honigdieb), der live auch immer alles gibt. Der Stoner Doom des Quartetts steht breitbeinig im ursprünglichen Blues Rock und interpretiert diesen in grenzgängerischer Stumpf-ist-Trumpf-Manier, ohne dass es peinlich oder langweilig wirkt. Intensiv ist die Darbietung, die Gitarrist Greg Anderson u.a. den Bäumen widmet, an deren Anblick sich die ganze Band sichtlich erfreut: „Das sieht so aus wie in unserer Heimat in North Carolina“, zeigt sich auch Bassist Scott Renner gerührt, der selbst wie ein Baum wirkt, der im Zweifelsfall auch einem Orkan die Stirn bietet. Kraftvoll und mit großer Hingabe beschließt das Quartett einen recht kurzen Gig. Zugabe-Rufe werden im weiteren Rund laut.

Zu weiteren Ereignissen des ersten Tages geben Bäume und Pilze Auskunft, so sie würdevoll angesprochen werden.

Thor Joakimsson (Info)

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